www.AGPF.de
Infos über Sekten, Kulte und den
Psychomarkt
AGPF - Aktion für Geistige und Psychische
Freiheit
Bundesverband Sekten- und Psychomarktberatung
e.V., Bonn
Adresse dieser Seite: http://www.AGPF.de/Satanismus.htm
Zuletzt bearbeitet am 18.5.2004
Satanismus
Kurzdarstellung:
Aus: http://www.gemeindedienst.de/weltanschauung/texte/satanismus.htm
|
Berliner Zeitung 26.1.2002
SATANISMUS IST POP Seit Manuela und Daniel Ruda in Bochum der Prozess gemacht wird, erhält die Republik Einblicke in das Denken und Leben von Satanisten, wie es so authentisch nur selten zu hören ist. Bis zu 10 000 radikale Anhänger des Teufelskultes leben in Deutschland, schätzt der protestantische Satanismus-Experte Ingolf Christiansen aus Göttingen, Autor mehrerer Bücher zum Thema. "Das sind die Hardcore-Satanisten, die theoretisch auch über Tieropfer hinausgehen." Er schränkt zwar ein, die genaue Zahl der Okkultisten kenne in Wahrheit niemand. Okkult heißt ja geheim. Aber das macht die Sache nur umso interessanter. Schwarze Kleidung, Sado-Maso-Posen, Särge, Satan. Der Wittener Mordfall hat eine Schattenseite jener Jugendkultur beleuchtet, der Manuela und Daniel Ruda angehören - der "schwarzen Szene". So bezeichnen sich Grufties und Gothics, Black- und Death-Metaller, junge Leute, die sich durch ihr schwarzes Styling und düstere Musik von anderen abheben. Für die meisten ist es ein Freizeitspaß am Wochenende. Einige aber interessieren sich außer für die Musik auch für magisch-okkulte Traditionen und den Satanismus. Auch der 17-jährige Gymnasiast Michael aus Dortmund gehört zur Szene. Mit seinen Schulfreunden, einem Jungen und vier Mädchen, ist er nach Bochum gekommen, um den Prozess zu beobachten. Michael bekennt sich, was selten ist, offen als Satanist. Was das bedeutet? Er lächelt. "Die satanische Bibel lesen, Rituale feiern, auf dem Friedhof rumhängen." Was man eben so macht. Aber die Rudas, die seien zu weit gegangen, finden er und seine Freunde. Ganz klar. "Unschuldige Menschen zerstückeln ist Scheiße, aber Satanismus muss nicht falsch sein", sagt Michael. "Auch in der Bibel steht, dass Tiere geopfert werden." Er sagt das lakonisch. Die anderen nicken. Kurz nach der Tat zeigte "Spiegel TV" tanzende Grufties in Manuela Rudas Bochumer Stammdisco "Matrix" und kommentierte die Bilder mit den Worten: "Bleibt zu hoffen, dass Luzifer nicht weitere Aufträge erteilt. Gehör würde er mit tödlicher Sicherheit finden." Daraufhin ging ein Aufschrei durch die schwarze Szene. Auf ihrem September-Titel druckte die Gothic-Zeitschrift "Zillo" die Konterfeis von 36 Jugendlichen mit der Schlagzeile: "Wir sind keine Mörder". Der Chefredakteur distanzierte sich von dem Mord und warnte: "Hier soll eine ganze Jugendkultur kriminalisiert werden." Nur die wenigsten Grufties seien überzeugte Satanisten. Und der "Matrix"-DJ, ein verwegener Bursche mit Ringen durch Nase und Ohr, erklärte: "Die Szene zeichnet sich durch extreme Friedlichkeit aus. Es ist ein Lifestyle wie jeder andere." Fast wie jeder andere. Vor dem Bochumer Gerichtssaal steht die 19-jährige Ines aus Düsseldorf, ein Gothic Girl, die ihre rot gefärbten Haare zum schwarzen Kleid und ein Kettchen mit umgedrehtem Kreuz trägt. Auf die Frage, ob die Rudas für sie Idole seien, antwortet sie: "Na klar. Ich wäre froh, wenn es mehr so 'ne Leute geben würde, die sich gegen die Trendsetter auflehnen." Es ist ja auch gar nicht mehr so leicht aufzufallen. Reichte vor 15 Jahren noch ein Schlitz in den Jeans, um Erwachsene zu schockieren, so müssen es heute schon implantierte "Fangzähne" sein, wie sie Manuela Ruda trug. Ines jedenfalls besucht den "Satans"-Prozess, um dort "das Feeling aufzunehmen". Als ob sie in ein Pop-Konzert ginge. Und Manuela und Daniel Ruda sind Pop. Im Nachhinein wirkt auch die Vorgeschichte ihrer Tat wie eine Inszenierung für die Medien. Ihre Wohnung in Witten hatten sie ausstaffiert mit Insignien des populären Satanismus wie umgedrehten Kreuzen, der SS-Rune und der Zahl 666, die gemäß der Bibel für "das große Tier", den Teufel steht. Manuela Ruda schnitt ihrem toten Opfer sogar noch ein Pentagramm als Teufelszeichen in den Bauch. An ihrer Wohnungstür stand: "Verwertungsanstalt Bunkertor 7 Dachau", und ans Fenster hatte sie geschrieben: "When Satan lives" (Wenn Satan lebt) - Chiffren, die jeder Szenegänger sofort wieder erkennt. "When Satan lives" ist der Titel einer CD der amerikanischen Black-Metal-Band Deicide, und "Bunkertor 7" heißt ein Lied des bayrischen Blut-und-Horror-Elektronikers Wumpscut alias Rudy Ratzinger (der sich für die Werbung durch das Mörderpaar unlängst mit einem Song namens "Ruda" revanchierte). Wumpscut singt Lieder, die sich so anhören: "Tot, tot, tot, ich mache dich tot/ tot, tot, tot, von Blut alles rot." Extreme Ausnahmen auf dem Musikmarkt? Indizierte Gewaltverherrlichung? "Keinesfalls. Beide Bands sind längst Mainstream, nichts Besonderes", winkt Wolf-Rüdiger Mühlmann aus Hamburg ab, ein junger Produzent von harten Metal-Bands. Satanismus ist ein fester Bestandteil der Jugend- und Popkultur geworden. Und seine Dynamik bezieht er aus der Musik. Alles begann Anfang der 70er-Jahre. Als Stammvater der Satansrocker gilt der exaltierte John "Ozzy" Osbourne mit seiner Kult-Band Black Sabbath, der damals in brüllender Lautstärke "Mein Name ist Luzifer, nimm meine Hand!" kreischte. Osbourne, der die Beschwörung des Teufels als provokantes Spiel auffasste, wurde von christlichen Fundamentalisten verbissen als "Antichrist" bekämpft, was seinen rebellischen Ruf und den Plattenverkauf stark beförderte. "Satanism sells", Satanismus verkauft sich gut, erkannten clevere Nachfolger, die zehn Jahre später mit einer schnellen, rüden Spielart des Heavy Metal Gewalt verherrlichten, das Christentum schmähten und den Satan priesen. Der "Black Metal" war geboren, benannt nach der zweiten Platte der britischen Gruppe Venom (Gift) von 1982. Auf ihren Plattencovern feierten Venom und andere Bands wie Judas Priest oder Iron Maiden ein Festival der Totenschädel, Zombies und Folterbänke. Ihre Texte handelten von Triebmord, Vampirismus oder Friedhofsritualen. "Bring den einzigen Sohn des Priesters um, schau zu, wie das Baby stirbt, trinke das reine Blut", jaulten etwa die Macho-Rocker der Metal-Band Slayer (Totschläger). Zwar ging es den allermeisten Musikern damals wie heute weniger um "echte" Blutorgien und Teufelsrituale als um die Provokation als Imagefaktor. Doch jede Provokation erschöpft sich irgendwann, was dann die pop-satanische Radikalisierungsspirale in Gang bringt. Anfang der 90er-Jahre traten plötzlich Black-Metal-Bands aus Skandinavien auf den Plan mit dem Motto: "Die alten Bands haben nur darüber gesungen - wir tun es!" Sie gründeten satanistische Zirkel und hetzten gegen die Christen, die das "Nordland" mit ihrer Nächstenliebe schwach und lahm gemacht hätten. Varg Vikernes, der Chef der Osloer Band Burzum, beschloss damals, die "Mission Luzifers" in die Tat umzusetzen: Feuer für die Christenheit. Er rief dazu auf, Kirchen anzuzünden; seine Fans brannten daraufhin rund zwanzig Gotteshäuser nieder. Vikernes stieg weltweit zur Kultfigur der Black-Metal-Szene auf, als er 1993 einen Rivalen brutal ermordete. Vor Gericht gab er außerdem zu, vier Kirchen angezündet zu haben. Sein Kommentar: "Nicht jene, die Kirchen niederbrennen, sind die Verbrecher, sondern jene, die die Kirchen errichten." Er wurde zu 21 Jahren Haft verurteilt. Die "Norweger" sind ein Sonderfall. Die weitaus meisten Satansrocker erklären nach wie vor, ihre Hasstiraden seien nichts als eine Show. "Die machen das augenzwinkernd. Sie werden nur manchmal falsch verstanden", sagt der Musikproduzent Wolf-Rüdiger Mühlmann. "Aber die jungen Leute nehmen das ernst!", entgegnet Sektenexperte Ingolf Christiansen. Weil der Satanismus die christlichen Werte umdreht, erscheint er einigen Jugendlichen als eine extrem wirksame Form der Rebellion. Als ein ultimativer Kick. Eine Möglichkeit, sich gefährlich und mysteriös aufzuführen. Als eine neue, "krasse" Religion. Das rief auch die Polizisten einer Sonderkommission auf den Plan, die 1996 im südlichen Brandenburg eine Gruppe Grab- und Kirchenschänder verfolgten. Im November des Jahres nahmen sie auf dem Friedhof der Kleinstadt Finsterwalde um Mitternacht zwei Mädchen und drei Jungen zwischen 16 und 18 Jahren fest, die mit einem Rucksack voll menschlicher Knochen unterwegs waren. Die Jugendlichen hatten einen satanistischen Zirkel gegründet und schwarze Messen gefeiert. Der Polizei erzählten sie, sie hätten nur "ihre Gefühle ausleben" wollen. Bundesweit haben solche "Gefühlsausbrüche" seit Anfang der 90er-Jahre stark zugenommen. Priester wurden bedroht, Grabkreuze beschmiert und umgestürzt, tote Hühner an Kruzifixe gebunden, auch einige Kirchen angezündet. "Solche Taten sind inzwischen gang und gäbe", erklärt der protestantische Sektenbeauftragte Thomas Gandow aus Berlin. Er hat nach fundamentalistischen Christen und Scientology am meisten mit dem Satanismus zu tun. Er sagt: "Musik und Medien kommt eine zentrale Rolle zu. Wenn die Bravo über schwarze Messen berichtet, spielen die Kids das umgehend nach." Die Jugendlichen praktizieren, was Fachleute als "modernen Privatsatanismus" bezeichnen. Sie basteln sich ihren eigenen Kult. Detaillierte Anweisungen für Blutopfer, "Ekeltraining" und schwarze Messen finden sie vor allem bei dem 1947 gestorbenen "Magier" Aleister Crowley aus England. Crowley gilt als geistiger Ahnherr der modernen Satansjünger. Der wütende Gegner des Christentums betete den Teufel aber nicht als Person an, sondern betrachtete ihn als Symbol für das rücksichtslose Ego: "Es gibt keinen Gott außer dem Menschen." Und kein Gesetz außer dem, das der Einzelne sich selber schafft: "Tretet nieder die Jämmerlichen und die Schwachen, dies ist das Gesetz der Starken." Diese Macht-Ideologie gibt Schwachen die Chance, sich stark zu fühlen, denn die Rituale sollen sie mit den "Mächten des Bösen" verbinden. "Magische Power" tankt dabei vor allem, wer viel Blut konsumiert - wie es Manuela und Daniel Ruda taten. Die Praktiken von Jugendlichen wie den beiden Wittenern haben die Experten lange Zeit als "Mickymaus-Satanismus" missachtet, weil sie nur Traditionsvereine wie den "Ordo Templi Orientis" oder die "Fraternitas Saturni" für gefährlich hielten, in denen meist Familienväter am Wochenende zu schwarzen Messen schreiten. "Jetzt aber ist Satanismus unter Jugendlichen eine Tatsache", sagt Experte Christiansen. "Ob es uns passt oder nicht." Doch aktuelle wissenschaftliche Studien über die Szene gibt es nicht. Als Treffpunkte der jungen Okkultisten, meist Gymnasiasten, fungieren die einschlägigen "schwarzen" Discos, die Accessoire- und Tattoo-Läden wie der "666"-Shop in Essen oder das "Near Dark" in Dortmund. Der Markt für okkultes Zubehör wie Pentagramm-Anhänger, Plastik-Totenköpfe, Ritualmesser oder schwarze Roben wächst ständig. Informationen werden über das Internet und über Fan-Magazine wie "Legacy" oder "Gothic" ausgetauscht, Bekanntschaften über die Kleinanzeigen geknüpft: "Pechschwarzer Vampir sucht Prinzessin der Finsternis..." Wer sich im Internet bei einer Satanisten-Adresse einklinkt, landet auch schnell bei harter Pornografie, Sado-Maso-Sex und Mord-Seiten, auf denen echte Tötungen zu sehen sind. Als neueste Entwicklung beobachtet der Satanismus-Experte Christiansen eine zunehmende "Versektung" der Szene. So empfehlen einige Gothic- und Metal-Musiker ihren Fans inzwischen den Eintritt bei der kalifornischen "Church of Satan" des 1997 verstorbenen Exzentrikers Anton Szandor LaVey, eines erklärten Crowley-Jüngers. Und die Fans folgen. Die "Church" spielt in der schwarzen Szene in Deutschland inzwischen eine Rolle wie die NPD bei den Rechtsradikalen. Auch die 17-jährige Anja aus Recklinghausen, die vor dem Landgericht Bochum auf den Einlass zum Prozess wartet, fiebert schon ihrer Aufnahme entgegen. "Wenn ich 18 bin, trete ich bei der Church ein", sagt sie. Anja hat bereits LaVeys weiß auf schwarz gedruckte "Satanische Bibel" und seine "Satanischen Rituale" verschlungen. Seit die beiden Bücher 1999 auf Deutsch auf den Markt kamen, sind sie die Renner in der Szene. Auch Manuela und Daniel Ruda bezogen ihr Wissen über den Teufel vor allem von Anton Szandor LaVey. "Die ständige Beschäftigung mit diesem Gedankengut hat die Hemmschwelle vor einer Tötung deutlich herabgesetzt." Dieser Satz, der auch auf die Wittener Mörder passen würde, stammt aus einem anderen "Satansmord"-Prozess. 1993 hatten drei Jugendliche, die sich "Kinder des Satans" nannten, im thüringischen Sondershausen einen Mitschüler getötet. Hendrik Möbus, einer der Täter, ist in der schwarzen Szene inzwischen zur Kultfigur aufgestiegen. "Für mich ist der Nationalsozialismus die vollkommenste Synthese aus satanischem luziferischem Willen zur Macht, verbunden mit arisch-germanischem Heidentum", verkündet Möbus, der seit letztem Jahr wegen rechtsradikaler Propaganda wieder im Gefängnis sitzt. Er ist zum Protagonisten einer neuen, gewalttätigen Szene geworden, die Satanismus und Rechtsextremismus verschmilzt und unter dem Label "NS Black Metal" firmiert. Er wurde zum Idol der Härtesten der Harten. Auch Manuela und Daniel Ruda wollten stark sein. Sie bewunderten Hendrik Möbus, Varg Vikernes und den amerikanischen "Satansmörder" Charles Manson. Manuela reiste nach Norwegen, um sich dort abgebrannte Kirchen anzuschauen. Direkt nach dem Mord fuhren beide nach Sondershausen, um das Grab des ermordeten Jungen zu schänden. "Daniel fühlte sich wie Gott", sagt ein früherer Kumpel vor Gericht. "Und er wollte immer so berühmt werden wie Charles Manson." Es ist nicht leicht gewesen, berühmt zu werden. "Ich hätte nicht gedacht, dass es so lange dauert, jemanden umzubringen", hat Manuela Ruda im Verhör angegeben. Aber jetzt stehen sie und ihr Ehemann im Scheinwerferlicht. Wie Hendrik Möbus. Nur anders. Manuela und Daniel Ruda haben die Radikalisierung der Satansszene wieder ein Stück weitergedreht. Vor der Tür des Gerichtssaals in Bochum wartet ein junges Mädchen, ganz in Schwarz. Warum ist sie gekommen? "Rudas sind Kult", sagt sie |
"Jugendsatanismus": zwei Meinungen
SüdwestPresse 6.2.02
Immer mehr junge Menschen interessieren sich für Satanismus. Und ihre Zahl steigt - insbesondere in den neuen Bundesländern. Experten sind besorgt. Schwerin· Immer mehr Jugendliche in Deutschland werden nach Einschätzung kirchlicher Sektenexperten Anhänger des Satanismus. Vor allem in Ostdeutschland habe der Satanskult seit der Wende deutlich zugenommen, sagte der Sektenbeauftragte des katholischen Erzbistums Hamburg, Pfarrer Michael Sobania. Habe es vor einigen Jahren bundesweit rund 1000 Satanisten gegeben, so werde die Zahl gegenwärtig auf 3000 bis 7000 geschätzt. Viele Jugendliche in den neuen Ländern hätten erst nach 1989 die Möglichkeit gehabt, sich über das Thema zu informieren und sich entsprechende Requisiten zuzulegen, sagte der Theologe. Nach Einschätzung des Sektenbeauftragten der Pommerschen Evangelischen Kirche, Friedrich von Kymmel, hat die Berichterstattung über den Bochumer ¸¸Satanisten-Prozess'' die Angeklagten inzwischen zu "Kultfiguren'' gemacht und das Interesse an der Thematik gerade unter Gymnasiasten gestärkt. Tief sitzende Frustration Sektenbeauftragter Kymmel warnt vor einer Verharmlosung des Satanismus als Teil der Jugendkultur. Derartige Anschauungen seien Ausdruck einer tief sitzenden Frustration gegenüber dem Leben und der Gesellschaft. Tabuhandlungen wie die Schändung von Kirchen oder Friedhöfen seien dabei ein Weg, um diese Gefühle wirksam in die Öffentlichkeit zu tragen. Dabei gebe es gerade über die Death-Metal-Musik "eindeutige Querverbindungen'' zum gewaltbereiten Rechtsextremismus, so Kymmel. Dem Sektenbeauftragten Sobania zufolge handelt es sich bei den Anhängern
des Satanskults vor allem um "ältere männliche Jugendliche''. Eine
Untersuchung der Jenaer Friedrich-Schiller-Universität habe zudem ergeben,
dass rund 97 Prozent der 1400 befragten Schüler und Schülerinnen Kenntnisse
von okkulten oder satanistischen Zeichen und Praktiken hatten. Rund ein
Prozent der Befragten hatte darüber hinaus auch Erfahrungen in
satanistischen Praktiken. |
Pressemitteilung der AJS NRW zum Jugendsatanismus [vermutlich vom
29.1.2002]:
Der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Kinder- und Jugendschutz (AJS) Landesstelle Nordrhein-Westfalen, Jürgen Jentsch MdL, hat sich gegen eine Dramatisierung des Jugendsatanismus gewandt. Im Zuge des Bochumer Satanistenprozesses gegen das Ehepaar Ruda werde der sogenannte Jugendsatanismus in den Medien immer wieder gleichgestellt mit den hierarchisch stark strukturierten und ritualisierten Formen satanistischer Praktiken Erwachsener. "Jugendlicher Satanismus ist demgegenüber oftmals Ausdruck jugendlichen Protestverhaltens oder auch die Suche nach intensiven Sinneseindrücken. Beides ist jedoch nicht mit den zweifellos problematischen Formen des Erwachsenensatanismus vergleichbar", sagte Jentsch heute in Köln zu der öffentlichen Diskussion. Man solle den Jugendsatanismus nicht unterschätzen, ihn aber auch nicht unnötig dramatisieren. Es bestehe die Gefahr, dass jungen Menschen mit dem Etikett "Satanismus" die Möglichkeit genommen wird, sich wieder in die Gesellschaft einzufinden. Jentsch fordert daher zu einer sehr differenzierten Betrachtungsweise einzelner Phänomene und Verhaltensweisen Jugendlicher auf und wandte sich gegen pauschale Zuschreibungen. ?Gerade in diesem Bereich haben wir es mit einer Fülle unterschiedlicher Phänomene und Beweggründe zu tun. Es macht wenig Sinn, diese Vielfalt und Komplexität auf eine griffige, aber häufig falsche Schlussfolgerung zu reduzieren". gez. Jan Lieven (AJS) Bei Fragen wenden Sie sich bitte an den zuständigen Fachreferenten bei
der |
Aus: Neue Luzerner Zeitung vom 23.7.01 http://www.neue-lz.ch/news/artikel.jsp?ref=30131859
Aktenkundig ist auch in der Schweiz ein Fall aus dem St.-Galler Rheintal. In Balgach hatte im August 1998 ein junger Mann die Mutter seines besten Freundes mit zahlreichen Messerstichen getötet. Vor Gericht erklärte der geständige Täter, er habe auf einen satanischen Auftrag hin gehandelt. Was treibt Menschen, vor allem auch junge Menschen, zu solch schrecklichen Taten? Der Zürcher Sektenexperte Georg Otto Schmid führt verschiedene Erklärungsgründe dafür an: Rebellion und schockierender Protest gegen die Erwachsenenwelt und deren Rituale kann dahinter stecken. Oft zusätzlich geschürt durch entsprechende Schriften, Musik oder auch Videos. Wie eine mystische Mafia Religiöse Hass- und Wahnvorstellungen, selbst die Suche nach einer verschworenen Gruppenidentität und damit eine bisher nie erlebte «Geborgenheit» können bei einem solchen Schritt weiter mitspielen. Die 1966 in Kalifornien vom Musiker und Schauspieler Anton Szandor LaVey gegründete «Church of Satan» spielt dabei eine fatale Rolle. Dessen «satanische Bibel» war für viele Satanisten die teuflische Einstiegsdroge in den Kult. Heute ist es indessen oft auch das Internet: Ins Netz der Netze haben sich auch zahlreiche satanische Homepages eingeschlichen. Satanszirkel ähneln laut Schmid einer mystischen Mafia-Verschwörung. Dass man gemeinsam Delikte wie Friedhofschändungen begeht, verbindet. Man darf nicht darüber reden. Das erschwert umgekehrt indessen auch den Ausstieg aus einer solchen Gruppe, zu der sich Männer im übrigen weitaus mehr hingezogen fühlen als Frauen. Zahlenmässig kleine Gruppen Scharf beobachtet wird die Satanistenszene nicht nur von Sektenforschern, sondern auch vom Bundesamt für Polizeiwesen (BAP). Laut dessen Erkenntnissen handelt es sich bei der Satanistenszene um «zahlenmäßig kleine, lokal beschränkte Gruppierungen», die meist aus «bunt zusammengewürfelten Jugendlichen» bestünden. So schreibt das BAP in seinem im letzten Dezember veröffentlichten Sektenbericht. Die Schweizer Satanisten pflegen laut Erkenntnissen der Polizei auch Kontakte zu ausländischen Gruppen, insbesondere zur erwähnten «Church of Satan». Von einem «internationalen satanischen Komplott» könne aber keine Rede sein. Harter Kern und Sympathisanten Die staatsschützerischen Erkenntnisse decken sich mit jenen des Sektenkenners. Georg Otto Schmid vermutet, dass es in der Schweiz zwischen zehn und zwanzig verschiedene satanistische Gruppen mit einem harten Kern von rund 200 überzeugten Teufelsanbetern gibt. Schwieriger abzuschätzen ist die Zahl der Mitläufer und Sympathisanten dieser Szene. Bei allem Abscheu, bei aller Fassungslosigkeit, die solche Taten auslösen, gilt es laut Schmid vor Hysterie zu warnen: Die Welt steht trotz allem nicht kurz vor der Machtübernahme durch Luzifer. Selbst in der Zentralschweiz Allerdings wäre es auch falsch, die Sache auf die leichte Schulter zu nehmen. Schließlich hat der größte Diabolikerklub der Schweiz, der 1999 gegründete «Schwarze Orden von Luzifer» seine Wurzeln in der Region, im luzernischen Rothenburg. Dessen Gründer Satorius distanziert sich von Grabschändungen wie im Friedental. Das seien, so sagte er einmal, «Auswüchse, wie sie überall vorkommen». |
Aus: PNN 8.9.01 http://www.pnn.de/archiv/2001/09/07/ak-br-6610225.html
Cottbus Russischer Friedhof von Satanisten geschändet Grabsteine mit okkulten Symbolen beschmiert - Täter unbekannt Sandra Dassler Die rote Farbe auf den Grabsteinen war noch nicht trocken, als der Ordnungsdezernent der Stadt, Wolfgang Bialas (CDU), schockiert die Zerstörungen in Augenschein nahm: Der russische Soldatenfriedhof in Cottbus ist in der Nacht zum Freitag geschändet worden. Die bislang unbekannten Täter warfen 19 Grabplatten um und beschmierten weitere 14 mit okkulten Symbolen und Schriftzügen. Die Polizei geht bislang von einem "satanistischen Hintergrund" der Tat aus. Auf dem zentralen Ehrenmal prangte der Schriftzug "Devil in Cottbus", daneben fanden sich so genannte Hexagramme, die Zahl 666 und auf den Kopf gestellte Kreuze. "Allesamt Symbole, die die Herrschaft des Teufels verkünden sollen", kommentierte der Cottbuser Polizeisprecher Berndt Fleischer. Sechs Straftaten mit satanistischem Hintergrund hat es in diesem Jahr in
Südbrandenburg gegeben, drei davon im August. Meist handelte es sich um
Friedhofsschändungen, mit einer Ausnahme: In Hohenbocka an der Grenze zu
Sachsen war vor wenigen Wochen ein gehäuteter Igel vor einer Leichenhalle
abgelegt worden, daneben fanden sich satanistische Zeichen. In den Jahren
zuvor sind solche Delikte äußerst selten vorgekommen, sagt Fleischer:
"Nachdem 1996 die Mitglieder einer satanistischen Sekte in Finsterwalde
aufgespürt und wegen begangener Straftaten wie Schändung der Totenruhe oder
Sachbeschädigung verurteilt worden waren, gab es keine Hinweise darauf,
dass Beim brandenburgischen Landeskriminalamt (LKA) sind im vergangenen Jahr insgesamt 20 Straftaten mit satanistischem Hintergrund registriert worden. Satanismus selbst ist nicht strafbar. LKA-Sprecher Peter Salender findet diese Zahl im Vergleich zu anderen Delikten relativ gering: "Es weist nichts darauf hin, dass Satanismus in Brandenburg verstärkt auftritt", stellt er fest. Eine andere Position vertritt dagegen der Sektenbeauftragte der Evangelischen Kirche in Berlin und Brandenburg, Thomas Gandow. Seit Jahren weise er darauf hin, dass "Satanismus und Rechtsextremismus in Brandenburg eine unheilige Allianz" eingingen. Seiner Ansicht nach nehmen Polizei und Politik das Thema nicht ernst: "Ich fordere schon lange, dass die Verharmlosung solcher Delikte aufhört. Bei Friedhofsschändungen muss der Staatsschutz ermitteln. Das sind keine Dumme-Jungen-Streiche, da werden Grundwerte unserer Gesellschaft angegriffen. Es ist doch kein Zufall, dass der russische Soldatenfriedhof geschändet wurde", sagt der kirchliche Sekten-Experte und ist sicher, dass das "zu außenpolitischen Verwicklungen führen" werde. In Cottbus ist man sich der Konsequenzen der Tat durchaus bewusst. Die Stadtverwaltung drängt auf schnelle Aufklärung. Die meisten Symbole wurden gestern wieder entfernt. Schwierigkeiten bereitet allerdings die Säuberung des zentralen Ehrenmals. Das besteht aus Sandstein, der die rote Farbe tief eindringen ließ. So wird hier noch etwas länger nachzulesen sein, dass der Teufel, das Böse jetzt in Cottbus ist. |
Der Satanismus-Mord in Witten
Berliner Zeitung vom 1.2.02 http://www.berlinonline.de/aktuelles/berliner_zeitung/vermischtes/.html/113714.html
Frank Nordhausen BOCHUM, 31. Januar. Zum Schluss küssten sich die Angeklagten im
Blitzlichtgewitter. Bevor sie dann den Gerichtssaal verließen, drehte sich
Manuela Ruda noch einmal zum Publikum und zeigte den "Teufelsgruß" - als
wäre sie ein Popstar. Mit diesem makabren Bild endete am gestrigen
Donnerstag der Unterschwellige Wut Bevor Kerstingtombroke die Entscheidung verlas, ging er auf die "nicht alltäglichen" Prozessumstände ein - er meinte das Medienspektakel, das es den Angeklagten immer wieder ermöglichte, sich als finstere Satanisten in Szene zu setzen. In der Sache erklärte der Vorsitzende Richter, die Angeklagten hätten ein schreckliches Verbrechen begangen, als sie Frank H. heimtückisch ermordeten - einen Menschen, der sich gerade dadurch auszeichnete, dass er "friedlich und freundlich" gewesen sei und die lebensfrohe Musik der Beatles liebte statt die "Ekel erregenden, stumpfen Rhythmen von Zombie-Gedröhn", wie es die Angeklagten hörten. In vielerlei Hinsicht sei das Opfer in seiner Persönlichkeit das Gegenteil der Täter gewesen. Deshalb hätten sie eine unterschwellige Wut auf ihn entwickelt. Anders als die Verteidiger der Angeklagten ließ der Richter deren selbst gebastelten Satanismus nicht als Tatmotiv gelten. "Es ging nicht um Satanismus, sondern um ein schweres, gemeines Verbrechen, das nichts Mystisches an sich hat", sagte er. Als sich Manuela und Daniel Ruda vor zwei Jahren kennen lernten, hätten sich zwei verwandte Seelen getroffen, zwei ähnlich gelagerte Persönlichkeiten, die beide seit ihrer Pubertät unter Minderwertigkeitsgefühlen und einer schweren narzisstischen Störung litten - einer krankhaften Übersteigerung ihres Selbstgefühls. Gemeinsam hätten sie sich in ein freudloses Leben und den Hass auf
Menschen hineingesteigert. "Eine Spirale kam in Gang, die auf ein
gewalttätiges Ende zusteuerte, und je länger sich die Spirale drehte, desto
schwieriger wurde es auszusteigen." Schließlich hätten sich Manuela und
Daniel Ruda verabredet, Frank H. umzubringen - mit einem Hammerschlag, nicht
durch einen "satanischen" Ritualmord. Kerstingtombroke sagte, zwar hätten
die Angeklagten Wahnvorstellungen, aber diese rechtfertigten keinen
Freispruch. "Sie leiden nicht unter einer Psychose oder Geisteskrankheit";
sie seien daher nicht schuldunfähig. Doch sei ihre Schuldfähigkeit durch das
selbst gezimmerte Wahngebilde "entscheidend eingeschränkt"; damit könnten
sie nicht zur Höchststrafe - lebenslangem Freiheitsentzug - verurteilt
werden. Zuletzt wandte sich der Vorsitzende Richter an Manuela und Daniel
Ruda. "Die Schwere ihrer Tat ist erheblich", sagte er. Doch auch sie beide
seien "Menschen und keine Monster" und hätten Anspruch auf eine
menschenwürdige Behandlung und ein gerechtes Verfahren. Positiv wertete das
Gericht die umfassenden Geständnisse der Eheleute. Manuela Ruda erhielt
schließlich eine niedrigere Strafe. Wohl führte sie die Messerstiche aus,
die letztlich zum Tod des Opfers führten. Die "treibende Kraft", Frank H. zu
ermorden, sei aber Daniel Ruda gewesen. "Beide leiden unter einer schweren
Persönlichkeitsstörung", sagte der Vorsitzende Richter zum Schluss der
Urteilsbegründung. "Wenn man nicht steuernd eingreift, wären sie weiter
gefährlich." Daher folge er dem Gutachten des Psychiatrie-Professors Norbert
Leygraf aus Essen, der die unbegrenzte Einweisung in eine geschlossene
Einrichtung empfohlen hatte. "Jetzt ist Schluss mit der Inszenierung." Wenn
das Urteil sie berührte, so zeigten es die Angeklagten nicht. Daniel Ruda
schaute finster, und seine Frau kaute Kaugummi. Ihre Verteidiger kündigten
an, gegen das Urteil Revision einzulegen. Am Ende gewitterten noch einmal
die Blitzlichter. Dann führten Gerichtsdiener die Angeklagten aus dem Saal.
"Jetzt wartet das Grauen der Psychiatrie auf sie", hat der Richter gesagt.
Vielleicht für immer. |
Bremer Nachrichten vom 1.2.02 http://www.bremer-nachrichten.de/aus_aller_welt/fs_bn_ausallerwelt.html?id=271
Nach Überzeugung des Gerichts haben sich die beiden eines "schrecklichen Verbrechens" schuldig gemacht, als sie am 6. Juli 2001 in ihrer Wohnung in Witten den 33-jährigen Frank H. umbrachten. Sie töteten angeblich "im Auftrag Satans" ihr ahnungsloses Opfer planmäßig mit 66 Hammerschlägen und Messerstichen. Dann flüchtete das Ehepaar und wurde erst fünf Tage später in der Nähe von Jena festgenommen. Ihre Wohnung war voller okkulter Gegenstände. Dennoch ging es bei der Bluttat nach den Worten von Richter Arnjo Kerstingtombroke "nicht um Satanismus, sondern um ein Verbrechen von zwei schwer gestörten Menschen". Der Satanismus sei nur "ein Popanz" gewesen, den die beiden Angeklagten vor sich hergeschoben hätten. Trotzdem attestierte das Gericht den Angeklagten erheblich verminderte Schuldfähigkeit. Die sei so erheblich gewesen, das eine lebenslange Haftstrafe nicht in Frage gekommen sei. Eine kürzere zeitliche Freiheitsstrafe sei jedoch ebenso wenig denkbar gewesen, sagte der Vorsitzende Richter. Da Daniel Ruda die treibende Kraft für die Bluttat gewesen sei, verurteile ihn das Gericht zu der höheren Gefängnisstrafe. In Richtung des exzentrisch gekleideten Paares sagte Kerstingtombroke:
"Mit der Inszenierung ist jetzt Schluss. Jetzt kommt das graue Einerlei der
Psychiatrie für lange Zeit." Das geständige Paar, das sich seit
Prozessbeginn immer wieder vor Kameras und Fotografen in "teuflische Posen"
geworfen hatte, nahm den Richterspruch äußerlich unbewegt entgegen. Ihre
Anwälte kündigten noch im Gerichtssaal Revision gegen das Urteil an, das
ihrer Ansicht nach "zu hart" ausgefallen sei. Nach den Worten von
Kerstingtombroke war der 33-Jährige nicht zufällig Opfer des Ehepaares
geworden. Der ehemalige Arbeitskollege von Daniel Ruda sei vielmehr als
aufgeschlossener und ebensbejahender Mensch genau das Gegenteil des Paares
gewesen. Der geplante Mord sei "aus Wut des Gestörten auf das Gesunde"
begangenen worden, so der Vorsitzende Richter. Zugleich kritisierte
Kerstingtombroke Teile der Medien, die "genau die Inszenierung gewollt
hatten", die im Prozess stattgefunden habe. |
Bremer Nachrichten vom 17.1.02
Bochum (dpa). Für ihr Geständnis verlangte die Angeklagte einen abgedunkelten Saal. "Das Sonnenlicht tut mir weh", sagte die bekennende Satanistin Manuela Ruda. Das Schwurgericht lehnte dies ab, gestattete ihr jedoch eine Sonnenbrille. Die 23-Jährige aus Witten erzählte gestern aus ihrem bizarren Leben als Satanistin. Das umgedrehte Kreuz als Teufelssymbol war am teilrasierten Kopf mit einer geschwärzten Haarsträhne verdeckt, als sie mit leiser Stimme und ohne eine Spur von Reue den grausamen Ritualmord an dem Arbeitskollegen ihres Mannes schilderte.Schon als Jugendliche habe sie "lichtscheue Vampire" als Freunde gehabt, habe Blut gesaugt, "überall, nur nicht an der Halsschlagader". Auf Friedhöfen habe sie geschlafen und sich schon Mal "zur Probe" in Gräbern begraben lassen. "Wir haben uns in den Dienst des Herrn gestellt und geschworen, ihm zu Lebzeiten und nach dem Tode zu dienen", sagte Manuela Ruda. Ein Orakel aus Asche habe befohlen: "Töte, bringe Opfer!" Am 6. Juli vergangenen Jahres hatten sie und ihr Mann Daniel den 33-jährigen Freund Hacki aus Datteln zu einer Feier in ihre Wohnung geholt. "Wir haben ihn beide gut leiden mögen. Wir sind keine Mörder." "Mein Mann kam mit einem Flackern in den Augen ins Wohnzimmer und schlug mit einem Hammer zu", schilderte die Frau den Hergang der Tat. "Dann sah ich ein Messer glühen und hörte eine Stimme: "Jetzt ein Herzstich!' Am Ende lag der Mann, durch 66 Machetenschläge, Messerstiche und Hammerschläge entstellt, tot neben der Schlafstätte von Manuela Ruda, einem Eichensarg. Der Leiche hatten sie ein Pentagramm als Teufelszeichen eingeritzt. Ohne sichtbare Gemütsregung schilderte Manuela Ruda ihr langsames Abgleiten in den Wahn: Nachdem sie die 10. Klasse abgebrochen hatte, jobbte sie in Schottland und London in Szene-Clubs, "nur nachts" sei sie auf gewesen. Ein Gerichtspsychiater hatte dem Paar eine narzisstische Persönlichkeitsstörung attestiert. "Hacki" sei nur von seiner Schmach und seinem Siechtum erlöst worden, ließ Daniel Ruda von seinem Verteidiger ein unterschriebenes Geständnis verlesen. Der Freund sei "Satan als neuer Hofnarr" dargeboten worden. Die Bluttat habe er im Rausch nicht mitbekommen, sagte Ruda, aber insgesamt stimme die Schilderung seiner Frau wohl. Satan habe ihm umfassende Befehle erteilt, berichtete er: Die Hochzeit mit Manuela am magischen Datum 6. 6., die Übernahme des Körpers am 6. 7. durch Satan und das Abschlachten mehrerer Menschen seien angeordnet worden. Zu der "Feier" am 6. Juli 2001 kam nur ein Freund, weitere eingeladene Gäste sagten ab. Eigentlich wollte sich das Paar nach dem Opfermord selbst töten, um gemeinsam begraben zu werden. Doch stattdessen flohen die beiden nach Thüringen, wo ein 17-jähriger Satanist 1993 einen Mitschüler umgebracht hatte. In Jena wurden sie verhaftet.
Angeblich im Auftrag des Teufels gehandelt - 33-Jährigen zu Tode gequält Die wegen Mordes an einem Bekannten angeklagten Satansanhänger Manuela und Daniel Ruda haben ihre Tat gestanden. Die Angeklagte sagte, sie habe "auf Befehl Satans'' gehandelt. Ihr Mann ließ verkünden, er könne nichts bereuen, da dies eine Beleidigung Satans wäre. Bochum· Grausiges Geständnis unter den Augen der Hinterbliebenen: Im Prozess um den Satanistenmord von Witten hat die 23-jährige Angeklagte gestern die okkulte Bluttat detailreich geschildert. Ehemann Daniel Ruda (26) bestätigte die Aussage seiner Frau Manuela weitgehend. In Anwesenheit der Eltern und der Schwester des Opfers sagte die 23-Jährige, Satan habe ihr mit den Worten ¸¸Töte! Bringe Opfer! Bringe Seelen!'' den Auftrag zu der Tat gegeben. "Es war kein Mord'', sagte sie am zweiten Verhandlungstag vor dem Bochumer Landgericht. Er habe den Befehl bekommen, Satan am 6. Juli ein Opfer zu bringen, sagte ihr Mann. Genau an diesem Tag hatte das Ehepaar nach eigenen Aussagen im vergangenen Sommer einen 33-jährigen Bekannten in ihrer mit Sarg, Totenkopfattrappen und SS-Runen ausgekleideten Wohnung getötet. Die Staatsanwaltschaft wirft beiden Mord aus niedrigen Beweggründen vor. In ihrer Aussage erklärte die Frau, sie habe nur Befehle aus der Unterwelt befolgt. Die Angeklagten holten ihr Opfer, einen Arbeitskollegen des Mannes, in Herten ab. Sie fuhren mit ihm zu ihrer düster ausstaffierten Wittener Wohnung. Nachdem ihr Mann mit einem Hammer auf den Wehrlosen eingeschlagen hatte, habe Satan auf ein Messer geleuchtet und gerufen: "Setze den Herzstich!'' Ursprünglich habe sie sich nach der Bluttat selbst umbringen wollen, sagte die Angeklagte. Es hätte mehrere Pläne gegeben. Stattdessen flüchtete das Pärchen mit dem Auto nach Thüringen. In der Nähe von Jena wurde es sechs Tage nach der Tat festgenommen. Über ihren Weg zum Satanismus sagte Manuela Ruda vor Gericht, sie habe mehrfach Kontakt zu Vampiren gehabt und sei dadurch nachhaltig geprägt worden. Ihren Ehemann lernte sie über eine Kontaktanzeige kennen. "Pechschwarzer Vampir sucht Prinzessin der Finsternis'', soll darin gestanden haben. Vor rund zweieinhalb Jahren habe sie Satan ihre Seele verschrieben. Die Urteile sollen voraussichtlich am 31. Januar gesprochen werden. Den
Angeklagten, die keine Schuld ihrerseits erkennen können, droht neben langen
Haftstrafen die unbefristete Einweisung in ein psychiatrisches Krankenhaus.
|
Vom Satansmörder zum Neonazi
Der Mordfall Sandro in Sondershausen
Dazu auch die Bücher unten
Aus: Mannheimer Morgen – 14.02.2001 http://www.mamo.de/aktuell/aus_aller_welt/20010214_satanist_korr.html
London. Ein Jahr lang hatte Edward Crowley den kleinen Diego auf Schritt und Tritt verfolgt. Immer wieder baten die Eltern um Schutz vor dem seltsamen Mann, der ihr Kind bedrohte. Dann kam es zu einem schrecklichen Verbrechen, das unter der Schlagzeile "Des Satans Killer" die Öffentlichkeit erschütterte und jetzt von einem Londoner Richter mit lebenslänglicher Freiheitsstrafe geahndet wurde. Der 52-Jährige hatte den jüngsten Sohn spanischer Einwanderer in einem Londoner Park angesprochen. Es kam zu einer Beziehung, die vom Gericht als "vertraulich, aber nicht sexuell" beschrieben wurde. Crowley lud Diego zu Kinobesuchen oder ins Hallenbad ein und schenkte ihm Spielzeug. Die Familie empfand die Treffen bald als Bedrohung, und Diego versuchte, den Kontakt abzubrechen. Der väterliche Freund verwandelte sich daraufhin zu einem Angst einflößenden Monster. Crowley entpuppte sich als "Stalker", wie man in England Menschen nennt, die Andere permanent belauern. Tägliche Anrufe oder plötzliche Begegnungen wurden so dramatisch, dass die Polizei zu Hilfe kam. Dreimal wurde Crowley verhaftet, musste aber immer wieder freigelassen werden, weil nichts Konkretes vorlag. Zuletzt gab Scotland Yard dem kleinen Diego sogar ein Handy mit, damit er im Notfall die Wache alarmieren konnte. Auf dem Schulweg gab es zeitweise Bewachung. Dann kam es doch zur Katastrophe. Mitten im belebten Theaterviertel von London stach Edward Crowley mehr als dreißig Mal auf den Zwölfjährigen ein. Der 15-jährige Bruder versuchte vergeblich, einen Mann zu stoppen, aus dessen Leben nach der Festnahme Unheimliches zu Tage kam. Edward Crowley war Teufelsanbeter. Den Geburtsnamen Henry Bibby hatte er abgelegt zu Gunsten eines berüchtigten Satanisten aus der viktorianischen Zeit. Offenbar war er überzeugt, im Auftrag dunkler Mächte zu handeln. In lateinischen Vokabeln wurde die Schreckenstat fein säuberlich auf einem Blatt Papier angekündigt. Das Messer war Marke "Kitchen Devil". Diego hatte noch versucht, die Polizei per Handy zu alarmieren. Als sich die Beamten meldeten, konnten sie nur noch den erbitterten Kampf des Bruders mit anhören. Diegos Mutter war am fraglichen Tag nach Spanien gereist, um dort ein neues Leben vorzubereiten. Die Kinder hatte sie bereits auf einer Schule in La Coruna angemeldet, um sie in Sicherheit zu bringen. Vor Gericht warf Angela Fernandez weinend eine Wasserflasche auf den Mörder ihres jüngsten Sohnes. Als sie aus dem Saal gewiesen wurde, verstauchte sie sich bei einem Sturz den Knöchel und musste ins Krankenhaus eingeliefert werden. |
Aus: St. Galler Tagblatt vom 18.5.01 http://www.tagblatt.ch/sgt/online/o_detail.cfm?pass_id=526259&bereich=o&suche=
Die Urteile im Prozess um das Tötungsdelikt vom August 1998 in Balgach
werden erst heute Abend bekannt gegeben. Die Anklage fordert für den
geständigen Mörder einer damals 55-jährigen Frau elf Jahre Zuchthaus, für
den der Anstiftung angeschuldigten Sohn des Opfers 15 Jahre. Mit 25 Messerstichen attackiert und getötet hat ein heute 26-jähriger, im Rheintal aufgewachsener Italiener am 31. August 1998 die Mutter seines Schweizer Freundes. Die Tat geschah in dessen Elternhaus in Balgach (Ausgabe von gestern). An der nicht öffentlichen Verhandlung des Bezirksgerichtes Unterrheintal am Donnerstag in Widnau wurde dargelegt, dass auch der Vater getötet werden sollte. Zumindest ist Staatsanwältin Petra Hutter als Vertreterin der Anklage davon überzeugt. Zum Zusammentreffen mit dem Vater kam es nicht, weil der erst spät in der Nacht von der Arbeit nach Hause kam. Der Mörder schien nervös geworden zu sein und bekam Angst, sodass er frühzeitig das Haus wieder verließ. "Energetisches Geschenk" Zwei gestern zu Sitzungsbeginn durchgeführte Zeuginnen-Einvernahmen und
ein Vortrag zum Satanskult von Christian Scharfetter, emeritierter Professor
an der Psychiatrischen Universitätsklinik Zürich, boten "einen Einblick in
einen Sumpf der Verworfenheit, wie wir ihn selten erleben", so der
Fachexperte. Die Zeuginnen, eine Therapeutin sowie die Freundin des St.
Galler Magiers Akron, zeigten die Verbindungen der beiden Freunde zu
Okkultismus und Satanskult auf. Die Therapeutin meinte, der angeklagte Sohn
des Mordopfers habe in ihr eine "Hohe Priesterin" gesehen und den magischen
Weg beschreiten wollen. Aggressionsveränderungen dem Vater gegenüber stellte
sie fest, glaubte aber, diese gälten dem Vaterbild. Der Kontakt zwischen der
Frau und dem Rheintaler endete abrupt. Weil er den Gehorsam verweigert habe.
Die zweite Zeugin bestätigte, dass dieser seinen Freund an Akron als
"energetisches Geschenk" Blutvertrag und Blutpakt Der geständige Mörder huldigt dem Satanismus seit er 18-jährig ist. 1994
machte er sich zusammen mit Kollegen der Gräberschändung auf verschiedenen
Friedhöfen schuldig, in den Jahren danach wurden diverse Wegkreuze
beschädigt. Der Sohn des Opfers war nach eigenen Angaben erst 15, als er mit
einem Kollegen einen Blutvertrag abschloss und sie ihre Seelen dem Teufel
verkauften. Die beiden Angeklagten hatten sich 1993 kennen gelernt, gerieten
in Streit und nahmen ihre Beziehungen erst 1997 wieder auf. Inzwischen hatte
sich der Schweizer Kenntnisse über den Satanismus angeeignet und auch
okkultische Übungen ausgeführt. Sein Kollege hatte über die
Black-Metal-Musik "Mein größter Fehler" Der seit zweieinhalb Jahren im vorzeitigen Strafvollzug sich befindende, des Mordes Angeklagte zeigte gestern Reue. Er hätte alles verhindern können. Dass er es nicht getan habe, sei sein größter Fehler gewesen. Auch der Schweizer nahm Schuld auf sich. Er habe das Gewaltpotenzial seines Freundes nicht richtig hinuntergeschraubt. Den Mord habe er begangen, nachdem der Freund gesagt habe, es gebe zwei Leute zum Entfernen, sagte der Täter. Er fasste dies als Befehl auf, dessen Eltern zu töten. Der Schweizer widersprach und sein Anwalt betonte, er habe in keiner Weise zum Mord motiviert. Während zwei Wochen nahm der Inhaftierte sämtliche Schuld auf sich. Eine DNA-Analyse beweist, dass er der Täter ist. Auf ihn war die Polizei aber nur durch einen Hinweis des Freundes gekommen. Der Verteidiger des Schweizers warf den Untersuchungsbehörden Unfairness, Unterlassungen und Voreingenommenheit vor, was die Staatsanwältin zurückwies. Das unter dem Vorsitz von Urs Peter Cavelti tagende Gericht wird sein Urteil am Freitagabend bekannt geben.
Musste die 55-jährige Magda B. sterben, weil ihr Sohn einen ihm deutlich unterlegenen Kollegen im Rahmen des gemeinsamen Satanskults zum Mord anstiftete? Hatte der geständige Täter eine klare "Anweisung" oder hatte er die Äußerungen des Sohnes überinterpretiert? Mit diesen Fragen befasst sich am Donnerstag das Bezirksgericht Unterrheintal. VON RENé HORNUNG O., der Sohn des Mordopfers, kam mit 15 Jahren mit Okkultismus und später mit Satanismus in Kontakt. Was der Auslöser war, konnte er dem Gericht nicht erklären, doch er fühlte sich bei seiner ihn überbehütenden Mutter und beim streng fordernden Vater nicht wohl. Es gab immer wieder Konflikte, weil er die Job-Erwartungen nicht erfüllte, und eine weitere Erklärung für den Einstieg O.s in den Satanismus war auch die Opposition gegen die katholische Mutter. Der Magier Akron Jedenfalls kam O. in Kontakt mit dem bekannten St. Galler Magier Akron und wurde von diesem zu einer esoterischen Beraterin nach Arbon geschickt. Mit dieser Frau schloss O. einen "Blutsvertrag" und äußerte dort bereits Gewaltfantasien gegen die Eltern. Doch die Frau erkannte den Ernst der Lage nicht. Schließlich kam es zum Bruch und O. - der viel kiffte - legte sich selbst "Schüler" zu. Auf den Friedhöfen des Rheintals wurden gemeinsam schwarze Messen gefeiert, Grabsteine beschädigt, Kreuze abgeschlagen. Mit dabei war auch der um eineinhalb Jahre jüngere D., der eine schwierige Jugend hinter sich hatte. Als Frühgeburt war er körperlich, aber auch leistungsmässig in der Schule schwach. Auch intelligenzmässig ist er O. deutlich unterlegen und wurde von diesem zunehmend instrumentalisiert. D. suchte seinerseits Verständnis und nicht zuletzt eine Freundin. Hier wiederum versprach O. zu helfen. Dazu "schenkte" er den jüngeren D. Magier Akron und dessen Freundin Phoebe als "Sklave". Doch die beiden wiesen D. rasch wieder ab, unter anderem weil D. immer sehr viel Alkohol trank. Bei der Suche nach einer Freundin sollten auch Rituale helfen: Zwei Wachspuppen wurden in eine verhexte Kiste eingeschlossen und verbrannt. Daneben kam es auch zu Demütigungen durch O., der laut Gutachter sadistische Züge zeigt. Der Ältere hatte den Jüngeren auch noch zur finanziellen Unterstützung bewogen, ihm einmal sogar den Zahltag gestohlen. D. war nach Unterzeichnung eines blanko "Blutsvertrags" schließlich klar, dass "Übervater"» O. von ihm eine "krasse Tat" verlangen werde. "Damit er gestärkt daraus hervorgehe", so die Erklärung von O.. Diese "krasse Tat" hatte an einem Mittwoch Ende August 1998 mit einer "Anweisung" an einem "Kraftplatz" am Bodensee in Arbon begonnen. O. zeichnete ein Pentagramma auf den Boden und sagte, zwei Dinge, zwei Sachen müssten nun weg. Das sei kein Mordauftrag gewesen, beteuerte O. vor den Richtern: "Nie hätte ich jemanden geschickt, meine Eltern zu töten." Doch für D. war klar: Es war der Auftrag O.s Eltern umzubringen. Seit Wochen schimpfte und jammerte dieser über das Verhältnis zu Hause. Dabei wäre das Leben ohne die Eltern so schön, dann hätten sie auch viel Geld. 25 Messerstiche Am Wochenende wurden Messer geschliffen und am Montagnachmittag ging D. zum Elternhaus seines Satanistenmeisters. O's Mutter, die ihn kannte, ließ ihn herein "und wie im Koma, wie im Traum" stach D. sie mit insgesamt 25 Messerstichen nieder, schleppte die Leiche ins Bad und wartete noch während Stunden auf die Rückkehr von O's Vater, bis er so nervös wurde, dass er flüchtete. Zuerst habe ihm nicht die Tat Angst gemacht, sondern O's Reaktion, weil er ja den Auftrag nur halb ausgeführt habe. Mehrere Tage nach der Verhaftung nahm D. die Schuld noch ganz auf sich. Er habe das Opfer gehasst, gab er zu Protokoll und erst als O. ihm eine Karte in die Untersuchungshaft schickte, mit welcher er klar machte, dass das Verhältnis zerbrochen sei, kam die Abhängigkeit im vollen Umfang ans Licht. Als Experte hatte Christian Scharfetter, emeritierter Professor an der psychiatrischen Poliklinik in Zürich, darauf hingewiesen, wie hier zwei Menschen zusammengekommen sind, die ein fast systematisches Dominanz-/Subordinations-Verhältnis entwickelten, "die zusammenpassten wie Nut und Kamm". Der Ausgang des Treffens am See sei für beide klar gewesen, auch wenn nicht ausgedeutscht wurde, dass es um den Mord ging. Nach den Befragungen der Angeklagten teilte auch Staatsanwältin Petra Hutter die Einschätzung des Experten. Auch aus ihrer Sicht war die Tat eine Folge der Abhängigkeit. Die Anweisung sei zwar nach außen codiert gewesen, beide aber hätten offensichtlich gewusst, um was es gehe. Die Staatsanwältin sah in O. den Anstifter. Er habe D. ferngesteuert, auch wenn es in diesem Fall keine handfesten Beweise für einen Auftragsmord gebe. Entsprechend fordert sie für den geständigen D. elf Jahre Zuchthaus, für O. verlangte sie wegen Anstiftung zum Mord 15 Jahren Zuchthaus. Während Paul Rechsteiner als Verteidiger von D. sich in der Beurteilung der Ausgangslage dem Experten und der Staatanwältin anschloss, D. aber nur mit neun Jahren bestraft haben wollte, plädierte Urs Glaus als Anwalt von O. auf Freispruch vom Vorwurf der Anstiftung zum Mord. D. habe die "Anweisung" überinterpretiert. Man könne aus satanistischen Abhängigkeiten rechtlich keine Anstiftung konstruieren. Außerdem sei D. unglaubwürdig, er habe mehrmals seine Aussagen geändert. Die Urteile werden am Freitag bekannt. |
Aus: Neue Luzerner Zeitung vom 31.7.01
cosa/vog. Die Trauer und die Wut ob der schrecklichen Grabschändung vor eineinhalb Wochen im Luzerner Friedental sind noch nicht verklungen. Drei der sieben Grabschänder, eine Schweizerin und ein Schweizer sowie ein Deutscher, äußern sich im Gespräch mit unserer Zeitung über die Gründe für ihre Untat. «Wir bedauern, was wir getan haben», sagen sie. Sie bestreiten, dass das Geschehene etwas mit Satanismus zu tun hatte. In der Gemeinde Lieli sorgen derzeit schwarze Messen, die in der Burgruine Nünegg veranstaltet wurden, für Aufregung. Gemeindepräsidentin Luzia Oehen möchte sie unterbinden. «Zu Anfang war es so ein Kitzel» «Ich stehe zu dem, was ich getan habe, auch wenn ich nicht recht bei
Bewusstsein war und zutiefst bereue», sagte Karsten* aus Süddeutschland
gestern gegenüber dieser Zeitung und wirkt eher locker. Das verdankt er der
inneren Erleichterung. «Ich war nur eine Viertelstunde dabei, weil mir die
Sache zu blöd wurde.» Eine Zeugin hat er dafür allemal, denn Catharina*,
jene Schweizerin aus dem Raum Luzern, die mit ihm und fünf weiteren Kollegen
am 21. Juli den Friedhof Friedental schändete, sei wie er recht früh zum
Golf zurückgekommen. «Sie hat die anderen gesucht. Die Letzten, die
zurückkamen, waren zwei deutsche Kumpel.» Wie der auszubildende Gross- und
Einzelhandelskaufmann hätten auch sie mit Satanismus nichts am Hut, seien
hingegen eingefleischte Metal-Fans, die nicht selten 200 bis 300 Kilometer
für ein Konzert hinlegten. «Ich kenne mich mit dem Christentum besonders gut
aus.» Mitgemacht habe er, weil «es zu Anfang so ein Kitzel» war. Durch eine
Brieffreundschaft zwischen Catharina und einem seiner Freunde sei die Fahrt
nach Sursee überhaupt zu Stande gekommen. Grabschändungen im Friedental Satanisten, Frevler - die sieben jungen Menschen, die im Friedental Gräber schändeten, tragen viele Namen. Das Luzerner Pärchen stellte sich gestern unserer Zeitung. Man kennt euch als die Grabschänder vom Friedental, wahlweise als «Pseudosatanisten», wie der «Blick» schreibt. Was seid ihr? Catharina*: Ich bin eine ziemlich normale Person aus einer gutbürgerlichen Familie - und mit Satanismus habe ich bestimmt nichts am Hut. Erik*: Für mich gilt das Gleiche. Zu Hause haben wir ein gut funktionierendes Familienverhältnis. Wir beide hören gerne Death- und Black-Metal-Musik, trinken gerne mal einen und wollen ansonsten Spaß haben. Der Spaß hörte im Friedental ja wohl auf? Catharina: Das wissen wir selber und würden es gerne rückgängig machen. Erik: Das können wir aber nicht. Wir geben das Interview, weil wir Dinge, die jetzt im Umlauf sind, klären müssen. Dann mal zur Sache. Was ist denn auf dem Friedhof wirklich passiert? Catharina: Ich kann dazu nur wenig sagen. Auf mich stürzen sich die Medien, weil ich diejenige war, die Eriks verlorenem Portemonnaie nachtelefonierte. Dabei warst du aber doch? Catharina: Ja, ich war insofern dabei, als dass ich meinen Freund nicht aus den Augen verlieren wollte. Du hast aber nichts getan, um die anderen zu stoppen? Catharina: Was hätte ich schon stoppen können? Geplant war die Tat jedenfalls nicht. Wir haben mit den Deutschen, von denen ich einen kannte, abgemacht, an das Konzert in Sursee zu gehen, weil sie «Exhumed» sehen wollten. Das Konzert war nicht mal gut. Als wir betrunken nach Luzern fuhren und die Autobahn verließen, war plötzlich die Idee da. Erik: Für Catharina gilt wirklich: Mitgegangen, mitgefangen. Ihr wollt mir also sagen, dass sieben Leute in einem Golf einfach so stockbetrunken auf einen Friedhof fahren, Grabsteine umwerfen und Pentagramme zeichnen? Erik: Ich kann nur sagen, was ich gemacht habe. Ich bin über den Friedhof getorkelt, habe Grabsteine umgeworfen, Blumen herausgerissen. Mir war nicht mal klar, dass ich auf einem Kinderfriedhof war. Auch das mit den Urnen, was das Schlimmste ist, habe ich erfahren, als die Polizei uns die Bilder zeigte. Dort war ich zwar nicht dabei, aber da haben wir begriffen, was wir für einen Scheißdreck gebaut haben. Was brachte euch zum Aufhören? Erik: Plötzlich war nur noch der Rausch da, aber der Druck war weg, der einen dazu bringt, weiterzumachen. Wir beide haben so etwas noch nie gemacht. Wobei ich nicht bestreiten will, dass wir viel Frust aufgestaut hatten. Wahrscheinlich wäre es besser gewesen, früher mal einen Güselkübel umzuschlagen, dann hätte sich das alles nicht so entladen. Was für ein Frust? Erik: Ich bin bekennender Atheist und halte von Religion nichts. Menschen sollten an sich glauben und nicht in der Angst vor der Hölle leben. Sie sind nach dem Tod genauso nichts wie vor der Geburt. Für mich war das so eine Art Gewaltakt gegen die Religion. Deshalb war es für dich auch nicht schlimm, einen Friedhof zu verwüsten? Erik: Im Nachhinein finde ich es total daneben, was wir getan haben. Es gibt andere Wege, um diese Ansichten deutlich zu machen. Der Friedhof hat seine Wichtigkeit für viele Menschen, das weiß ich, und wären wir nicht so alkoholisiert gewesen, hätten wir das nicht gemacht. Der Alkohol soll aber doch wohl keine Entschuldigung sein? Catharina: Natürlich nicht. Ebenso wenig, wie wir es auf die Gruppendynamik oder die Metal-Musik schieben wollen. Erik: Was passiert ist, hätte auch geschehen können ohne das Konzert. Wir hätten uns auch irgendwo im Wald betrinken können und losgehen. Seid ihr denn so genannte Szeneleute? Catharina: Wir gehen auf Konzerte. Außerdem organisiere ich Black- und Death-Metal-Konzerte. Mir gefällt eben die Musik. Erik: Das waren wir, denn wir werden uns von der Szene trennen und nur noch mit Leuten zusammen sein, die es nicht nötig haben, sich vor den Medien aufzuspielen. Ihr sprecht den Artikel im «SonntagsBlick» an, in dem euch vor allem ein Mitglied der Metal-Band Profound und Leute der Konzertorganisation Swiss Mind anschwärzen? Erik: Genau. Das sind Leute, die durch ihre Medienlust die Metal-Szene erst in alles reingezogen haben. Wir haben nie gesagt, dass die Szene etwas mit unserer Tat zu tun hat. Einer von Swiss Mind will im Anschluss an ein Konzert der Luzerner Black-Metal-Band Schattenreich, in der du als Gitarrist spielst, gesehen haben, wie ihr Backstage satanistische Zeremonien triebt. Erik: Ich spiele in dieser Band, und bei unseren Auftritten machen wir viel auf der Bühne mit Blut und Feuerspeien. Das spricht unser Publikum an. Von Schattenreich hat aber keiner anschließend mit Blut rumgeschmiert. Aber jemand war es wohl schon? Erik: Ja, Mitglieder der Konzertorganisation. Aber der «Blick» hat geschrieben, ohne sich bei uns rückzuversichern. Vorkommnisse wie im Friedental passieren nicht selten nach Death-Metal-Konzerten. Wenn ihr sagt, ihr mögt die Musik und die hatte nichts mit eurem Exzess zu tun, nehmt ihr solche Dinge doch zumindest in Kauf? Erik: Metal-Musik hat mit vielen Themen zu tun. Das ist die Freiheit der Musiker. Die Verantwortung liegt beim Publikum und lag auch bei uns. Mich hat das Konzert nicht aufgeheizt. Kennt ihr Satorius? Catharina: Nicht persönlich, aber einige seiner früheren Bandmitglieder. Erik: Ich habe schon viel von ihm gehört. Aber er ist zu mediengeil, und sein Satanismus passt nicht in unsere Welt. Wie nehmen eure Familien das Geschehene? Catharina: Wir haben darüber gesprochen, sie stehen zu uns, aber verstehen können sie es nicht. Das kann ich selber nicht. Ich studiere noch und hoffe, dass ich mir die Zukunft nicht verbaut habe. Erik: Wir versuchen es unseren Eltern gemeinsam zu erklären, weil es um unsere Zukunft geht. Wir hatten Pläne, auch was Familienplanung angeht. Jetzt habe ich erst mal meinen Job verloren. Brennt euch noch etwas auf den Nägeln? Erik: Ich hoffe, die Leute glauben uns, dass wir bereuen. Wir wollen uns noch offiziell beim Friedental entschuldigen. Catharina: Ein normaler Mensch lernt aus seinen Fehlern. Das tun wir auch. INTERVIEW VON CORDULA SANWALD ------------------------------------------------------------ Luzern aktuell Teuflisches Treiben auf dem Totenacker: Grabschändung und Satanismus Immer häufiger kommt es in der letzten Zeit vor, dass Friedhöfe von Grabschändern mit satanistischen Symbolen verunziert werden, etwa vorletzten Samstag auf dem Friedhof Friedental in Luzern. Wie verhalten sich diese Taten zur Satanistenszene? Die Einschätzung eines Fachmanns. Georg O. Schmid Alle paar Wochen wird ein Fall von Grabschändung publik, dazu kommt eine Mehrzahl von Fällen, die aus Furcht vor Nachahmern der Öffentlichkeit nicht zur Kenntnis gebracht wird. Auf den ersten Blick fällt jeweils auf, dass der Satanismus der Täterschaft einen angelernten Eindruck macht: die Symbole sind diejenigen der Black-Metal-Plattencovers, nicht diejenigen okkulter und satanistischer Gemeinschaften. Offensichtlich geht es mehr darum, als Satanist zu erscheinen, als wirklich einer satanistischen Weltanschauung nachzuleben. Die Täter, meist sind sie männlich, im Jugend- oder jungen Erwachsenenalter, von eher geringer Schulbildung, wollen vor allem eines: die Gesellschaft schockieren. Zu diesem Zweck wird der Friedhof ihr Ziel, weil die Totenruhe eines der letzten Tabus ist, das so gut wie alle mitteleuropäischen Menschen, unbenommen von ihrer sonstigen Weltanschauung, respektieren. Die satanistische Symbolik kommt zum Einsatz, weil sich ein beträchtlicher Teil der Bevölkerung vor Satansanbetern fürchtet. Die hohe Medienresonanz, die die Grabschändungen finden, falls sie bekannt werden, stellen für die Täterschaft ein weiteres Motiv dar. Sie macht es dem ansonsten eher erfolglosen jungen Menschen möglich, sein eigenes «Werk» mal im Fernsehen betrachten zu können. Mit Satanismus in einem weltanschaulichen Sinne hat man vor und nach der
Tat aber nichts zu tun. Möglichkeiten zum Aggressionsabbau in sozialverträglicher Form sind gerade für junge Männer unerlässlich. Zum Zweiten sind auch junge Menschen darauf angewiesen, dass sie gebraucht werden, dass sie «einen Unterschied machen». Wer das Gefühl hat, dass es ohne ihn genauso gut oder gar besser geht, muss den «Unterschied» im Tabubruch suchen. |